Die Arbeitslager

 

Zwischen 1938 und 1945 gab es verschiedene Lager, deren Insassen nicht nur beim Bau des U-Boot-Bunkers "Hornisse“ beschäftigt waren, sondern auch auf Bootswerften in Burg-Lesum, auf dem Verschiebebahnhof der Reichsbahn, der Weser-Flugzeugbau Flugzeugwerke im Industriehafen, auf der AG Weser Werft und in anderen Hafenbetrieben der Bremischen Häfen.

Das Lager "Haaslop"

Das Lager Haaslop wurde bereits 1938 von einem Gastwirt eingerichtet. Es befand sich an der Grambkermoorer Landstrasse. 1939 wurde die ehemalige Kegelbahn von der Norddeutschen Hütte als Lager mitbenutzt. Etwa 175 Arbeiter, 91 aus Russland, 63 aus der Ukraine und 15 aus Polen wohnten in diesem Lager. Das Lager war vermutlich nicht eingezäunt, wurde aber bewacht. Nach einem Bombenangriff im Juni 1944, bei der das Lager beschädigt wurde, wurden die Insassen in ein Lager nahe der Norddeutschen Hütte umquartiert.

Das Lager "Graf Spee"

An der Stelle, wo sich heute Wohnhäuser, die Zuwegung zur Schule Halmerweg und des Streichelzoos an der Stuhmer Strasse befinden, entstand ab November 1941 das Barackenlager "Graf Spee". Zunächst für 270 französische Kriegsgefangene und später für 390 sog. Ostarbeiter. Sie alle mußten von hier aus täglich zur AG Weser marschieren und dort wie 4000 andere Zwangsarbeiter zwischen 1941 und 1945 in der Kriegsproduktion schuften. In der Nachkriegszeit wurden die Baracken Nr. 2 und 3 mit wohnungssuchenden Gröpelinger Familien belegt. Die Baracken Nr. 1 und 4 dienten wechselnden Nutzungen wie Kinderbetreuung, Amtsgeschäften und Tanzveranstaltungen. So befand sich z.B. in der Baracke Nr. 4 das berühmte "Roxy", die erste Gröpelinger Vergnügungsstätte nach dem Krieg.

Das Lager "Schützenhof"

Im Lager Schützenhof unweit der AG Weser an der Bromberger Str. wurden ab Dezember 1944 etwa 650 Juden gefangen gehalten, die aus dem KZ-Bahrsplate in Blumenthal dorthin verlegt worden waren. Ihre Hauptaufgabe war der Bau des U-Boot-Bunkers "Hornisse“. In den letzten Kriegswochen sank wegen Materialmangels der Bedarf an Arbeitskräften und ein Teil der Zwangsarbeiter mußte Aufräumarbeiten in der Stadt leisten. Am 25. März 1945 lebten noch 582 Insassen dort, nachdem über 200 Gefangene durch Erschöpfung und Unterernährung ums Leben gekommen waren. Am 8. April verlegte man die Häftlinge ins KZ-Farge.

Das Werkslager der Norddeutschen Hütte

Auswärtige Arbeiter waren vor dem 1.Weltkrieg bereits in Unterkünften mit Dreibettzimmern im Kantinengebäude der Norddeutschen Hütte untergebracht. Später entstanden dort noch 3 weitere Wellblechbaracken, auch "Kaserne" genannt. Vor 1935 stand die "Kaserne" weitergehend leer. Zwischen 1935 und 1939 füllten sich die Baracken mit 161 Arbeitern.

 

Erst Normalarbeitern und später Dienstverpflichteten, 110 aus Deutschland und 51 aus dem Ausland. Dieses Lager wurde nicht eingezäunt, da das gesamte Gelände der Norddeutschen Hütte eingezäunt und bewacht wurde.

 

Kosten und Miete wurden direkt vom Lohn abgezogen. In der Werkskantine konnten die Arbeiter essen. Wegen des Zustromes von Arbeitern wurden weitere Holzbaracken neben dem Kantinengebäude errichtet. Diese Baracken wurden 1943 als "Gefolgschaftsunterkünfte 1 bis 7" bezeichnet. Jeder dieser Unterkünfte besaß einen Waschraum und eine Toilette, sowie jeweils einen Raum mit einem Einzel- und Doppelstockbett.

 

Sie waren für polnische und ukrainische Arbeiter bestimmt. Tische, Stühle, Gaskocher und Kleiderschränke waren mit inbegriffen. Weitere Planungen sahen den Bau der Unterkünfte 9-12 mit 216 Betten vor, die aber keine Sanitären Anlagen beinhalteten. Dafür wurden separate Waschbaracken auf dem Gelände errichtet.

 

Statt drei bis vier Personen pro Raum waren bis zum Ende des Krieges die Räume mit bis zu 18 Mann belegt. Die Leitung der Norddeutschen Hütte teilte dem Reichsministerium für Bewaffnung und Munition mit, dass es nicht möglich und nicht zumutbar sei, so viele Menschen in einem Raum unterzubringen, doch dieses wurde von der Marineleitung ignoriert.

Das Lager "Neuenland"

 

Das Lager Neuenland auf dem Gelände des heutigen Stahlwerks bestand als Aussenlager des KZ-Neuengamme vom 16. August bis zum 28. November 1944. Die Bezeichnung ist irreführend, da Neuenland normalerweise die Gegend um den Bremer Flughafen beschreibt.

 

Lagerleiter war der SS-Obersturmführer Hugo Benedict. Die etwa 1.000 französischen und sowjetischen Kriegsgefangenen mußten hauptsächlich bei der AG Weser Luftschutzarbeiten verrichten. Nachdem wegen Treibstoffmangels auf den Transport mit LKW verzichtet wurde, mußten sie den knapp fünf Kilometer langen Weg zu den Arbeitsstätten zu Fuß zurücklegen. Weil dies zu zeitaufwändig war, wurde das Lager Neuenland geräumt. Die Gefangenen wurden in das neue Lager "Osterort" verlegt.

Das Lager Osterort

Aufgrund des langen und durch die Bombenangriffe der Alliierten sehr gefährlichen Anmarschweges zur den Arbeitsstättem, wurde das Lager "Neuenland" Ende November 1944 geräumt und das gesamte Kommando zum Außenlager "Osterort" überstellt, wo die Häftlinge in Baracken eines Kriegsgefangenenlagers untergebracht wurden. Die Baracken befanden sich auf dem späteren Firmengelände der Norddeutsche Hütte , die damals zum Krupp-Konzern gehörte. Lagerleiter war wie in Lager "Neuenland" Hugo Benedict, der außerdem Stützpunktleiter aller Bremer Aussenlager des KZ-Neuengamme war. Sein Stellvertreter war der SS-Angehörige Martin Blixt, der Benedict auch gegenüber der Norddeutschen Hütte als Lagerleiter vertrat.

 

Wie zuvor im alten Lager mußten die meisten Häftlinge beim Bau des U-Boot-Bunkers "Hornisse" helfen. 50 der 1.000 Insassen wurden jedoch einem eigenen Arbeitskommando zugeordnet. Sie wurden am Hochofen der Norddeutsche Hütte eingesetzt. Dieses Kommando hieß "Schlackenkippe". Sie mußten, wie der Name schon verrät, die Schlacke, die bei der Stahlerzeugung angefallen war und sich im inneren der Hochöfen abgesetzt hatte, entfernen.

Das Lager "Riespott"

 Das Lager "Riespott" befand sich weserabwärts in einer Bauernlandschaft und ist 1932 im Rahmen des freiwilligen Arbeitsdienstes errichtet worden. Es bestand aus einer Anzahl von Holzbaracken, die von der Weserflug Gesellschaft erbaut wurden und in deren Besitz war. Einrichtungen kamen von der Organisation Todt. Die Nazis nutzten das Lager später, um Jugendliche im Nationalsozialistischen Sinne zu beeinflussen und zu erziehen. Nach der Machtergreifung sperrten sie dort dann politische Gefangene ein, bevor man sie weiter in die Moorlager ins Emsland transportierte.

 

Otto Hoffmann, Direktor der Norddeutschen Hütte versicherte, dass die Arbeiter nach der Bombardierung des Ostarbeiterlagers in Farge in das Lager Riesspott verlegten, in dem sich auch Männer aus anderen Betrieben befanden.

 

Über diese Zeit berichtet der Augenzeuge Gustav Ziemann:

 

"Dieses Lager ist nach meinen Erinnerungen 1935 entstanden. Als erstes wurde eine massive Steinbaracke erbaut und anschließend neun oder zehn Baracken. Diese Baracken wurden von Häftlingen belegt, die man zum überwiegenden Teil aus dem damaligen Haus Mißler und aus der Strafanstalt Oslebshausen herbeigeholt hatte."

 

"Im Lager waren die Häftlinge nicht länger wie einen Monat und wurden dann aufgrund der Überprüfung in andere Lager weiterverschickt. Bewacht wurde dieses Lager von Leuten in einer schwarzen Uniform. Ich nehme an, dass es SS-Leute waren, aber keine Soldaten."

 

Gustav Ziemanns Vater war Mitglied der KPD und wurde 1935 verhaftet und in das KZ-Mißler verschleppt. Von da kam er in das Lager Riespott und nach ungefähr einem Monat in eines der Emslandlager. Nach Ende des Polenfeldzuges wurde das Lager von sämtlichen Häftlingen geräumt und es kamen Polen, später auch Russen. Sie wurden auf der Hütte und in anderen Großbetrieben eingesetzt.

 

Der Augenzeuge Hans Schröder sagte darüber:

 

"Im Lager Riespott hatten wir ja das große Gefangenenlager. Da waren Polen, Russen , die unter Stacheldraht, Scheinwerfer und Bewachung standen und die wurden dann jeden Morgen und jeden Abend hier hin und her geführt zum Arbeiten."

 

Die Räumung des Lagers erfolgte im April 1945. Nach 1945 diente das Lager Riespott noch eine Weile als Auffanglager für Flüchtlinge (u.a. aus Danzig) sowie für Familien, deren Häuser im Westen der Stadt von Bomben zerstört worden waren. Ab 1947 wurden im Riespott inhaftierte Nazis aus Bremen und Umgebung untergebracht, darunter auch der ehem. Bremer Polizei- und Justizsenator Laue oder den SS-Mann Hermann Lumm.

 

Vom Lager sind keine Reste übrig geblieben. Dort, wo es einst stand, befinden sich heute die Hochöfen. In Erinnerung an diejenige, die im Lager Riespott gelitten oder gar ihr Leben gelassen haben, wurde von der Belegschaft der Stahlwerke auf dem Gelände eine Mahnmal errichtet. Die Einweihung des Mahnmals am Hochöfen fand am 2. Oktober 1984 in Anwesenheit ehemaliger französischer Häftlinge, u.a. Edmond Gabriel Desprat und André Migdal statt.

Strafmaßnahmen und die Strafabteilung "Klein Farge"

Anfang 1945 wurde die Strafabteilung "Klein Farge" gegründet. Bis zum Ende des Krieges wurden Arbeiter aus den Lagern der Norddeutschen Hütte bei Verstößen in das Arbeitserziehungslager Farge eingewiesen und dort bis zu 56 Tage bei kleiner Ration eingesperrt. Die Arbeiter von der Norddeutschen Hütte mussten sogar beim Bau des U-Boot-Bunkers "Valentin" mithelfen. Zurückgekehrt konnte kaum jemand die Arbeit wieder aufnehmen. Viele waren wochenlang in Krankenhäusern und Lazaretten untergebracht, berichtet ein weiterer Augenzeuge.

Über die Lager "Oslebshausen", "Trotha", "Tirpitz", "Human", "Debstedt" und "Morgenland" ist derzeit noch nichts bekannt.